Z i e m l i c h
g l a t t
h i e r
Im Vergleich zur CD mag vielen die LP wie ein
urzeitliches Ding Vorkommen. Dabei passieren
beim Abspielen erstaunliche Dinge auf atomarer
Ebene. Stylast kann da hilfreiche Dienste anbieten
M
eist weiß man erst, was
man an etwas hatte,
wenn
man
es
nicht
mehr hat. Keine Bange, nicht um
die
Freuden
längst
entsagter
Süchte oder Schlimmeres soll es
hier gehen. Obwohl - als ich für
diesen Bericht meine über 20
Jahre währende Liaison mit Sty-
last einige Platten lang unterbre-
chen musste, um zu erfahren,
wie es ohne klingt, war das
durchaus schlimm. Unruhig, we-
niger flüssig, weniger räumlich,
weniger präsent klang es, insge-
samt Undefinierter. Etwas war
zwischen die Musik und mich ge-
treten. Kurz, ich wusste sofort,
warum ich vor langer Zeit ent-
schieden hatte, vor dem Abspie-
len jeder Plattenseite die Nadel
mit Stylast zu benetzen.
Seitdem probierte ich wenig
anderes aus und bin jeweils reu-
mütig rasch zurückgekehrt. Der
Eindruck, dass mit Stylast etwas
grundsätzlich Richtiges, W ichti-
ges beim Plattenabspielen
pas-
siert, verfestigte sich jedes Mal.
Und nachdem in diesem echten
Langzeittest Abtaster auch nie
Korrosionsprobleme
bekamen
wie durch alkoholhaltige Reini-
ger, und ich den Eindruck hatte,
auch
die
Dämpfungsgummis
hielten sich erstaunlich gut un-
ter der Verwendung von Stylast,
wurde es das am längsten und
konsequentesten
eingesetzte
Konsumprodukt
in
meinem
Haushalt.
Warum ich jetzt erst darüber
schreibe? Aus zwei Gründen:
Der Hersteller Last aus Liver-
more, Kalifornien, scheute sich,
Inhaltsstoffe seines flüssigen und
flüchtigen Mittelchens preiszu-
geben. Zudem war die W ir-
kungsweise unklar. W ie konnte
etwas, das keinerlei gleitfahige
Rückstände hinterließ, aber vor
jeder Plattenseite neu aufgetra-
gen werden musste, einen derar-
tigen Klanggewinn erzielen? Also
pinselte ich nur brav. Das Zuhal-
ten des Fläschchens mit einem
Finger, damit der wertvolle Fla-
schengeist nicht entwich, wäh-
rend ich mit der anderen Hand
auftrug, ging mir dabei in Fleisch
und Blut über.
Inzwischen haben sich die An-
sichten gefestigt, was tatsächlich
auf molekularer Ebene vor sich
geht während der Plat-
tenabtastung.
Gleich
vielen anderen Kunst-
stoffen
weisen
auch
PVC und Acetat, aus
denen eine Platte be-
steht,
eine
ungleiche
Ladungsverteilung auf.
Prinzipiell wie bei einer
Küchenfolie sorgt dies
dafür, dass anliegendes
Material darauf haftet.
Auch ein Diamant er-
fährt
auf
dem Weg
durch die Rille so eine
Erhöhung
des
Rei-
bungskoeffizienten.
Hier setzt Stylast an:
Es umhüllt den
Diamanten
mit einer Flu-
or-Verbin-
dung.
Ähnlich
wie Teflon ist
sie in der Lage,
Hafteigen-
schaften zu mi-
nimieren,
in-
dem
sie
freie
Oberflächenenergie
reduziert.Wohlgemerkt: Dies ist
keine Schmierung. Hier wirkt die
am Diamanten haftende Fluor-
verbindung
als
momentaner
„Abschluss“ von energiereichen
Molekülen.
Während die Rei-
bung
so
reduziert
wird, nimmt auch die
Temperatur
an
der
Nadel
ab,
die
ja
immerhin mit Tausen-
den Kilogramm An-
pressdruck pro Qua-
dratzentimeter
die
Rillenflanken zu mas-
sakrieren trachtet. Stellt man
sich zusätzlich vor, wie die Ril-
lenauslenkungen die Nadel be-
schleunigen und Stoßwellen in
die Rillenwände geschickt wer-
den, wird der Vorteil der Rei-
bungsverminderung
evident.
Last-ChefWalter Davies darf da-
her seit Jahren feststel-
len, dass sein Pro-
dukt nicht nur die
Lebensdauer des Di-
amanten
verzehn-
facht, sondern sogar
das
Herauslösen
von Molekülen aus
dem Vinyl während
verschärfter Abtast-
Situationen verhin-
dern kann.
Rickie Lee Jones
wusste von all dem
nichts, doch in „My
One And Only Lo-
ve“ vibrierte
ihre
Stimme
speziell
beim
W ö rt-
chen
Love
STICHWORT
Freie Oberflächenenergie
Vinyl ist ein Material mit
ungleicher Ladungsverte»-
lung. An seiner Ober-
fläche liegen die Enden
von Molekülen, die sich zu
verbinden trachten. Dies
wirkt ähnlich wie stati-
sche Anziehung.
/ tu lo /t
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ausdrucksvoller, Robben Fords
Gitarre hatte noch eindeutiger
Nylon-Saiten
aufgezogen
und
Dino Saluzzi spielte sein Bando-
neon klarer und stärker von
links hinten im Raum, auch das
leichte Wandern in
die
weiter
rechts
platzierten
Mikros
wurde offen gelegt.
Insgesamt klang es
mit Stylast selbst-
verständlicher,
fei-
ner und dabei kräf-
tiger konturiert so-
wie räumlich detail-
lierter. Der innere Ausdruck, ja,
der Sinn des Titels hatte gewon-
nen.
Klasse auch, wie in „Isis and
Osiris“ von Alice Coltrane die
perkussiven, dumpfen Trommel-
schläge
scheinbar
schneller
kommen, die Luft- und Klappen-
geräusche des Saxofons deut-
licher, und alles auf ruhigerem
Grund
spielt,
besser
federt,
mehr innere Dynamik hat.
Umwerfend schließlich „Der
Abschied“ aus Mahlers „Lied
von der Erde“ in der London-
Mono-Aufnahme unter Bruno
W alter:Nicht nur singt Kathleen
Ferrier mit Stylast weniger hakig
und phrasiert klarer. Die räumli-
che Tiefenwirkung ist nun deut-
lich stärker, die lauten Stellen er-
klingen kräftiger, emotional mit-
reißender, wo es vorher noch
presste. Die historische Aufnah-
me lässt genau so ihren Konser-
ven-Charakter
vergessen. Auf
die nächsten 20 Jahre Stylast.
Uwe Kirbach
Die Diamant-Behandlung Stylast (um 50 Euro) inklusive
eines funktionalen Trockenreinigers impor-
tiert DOS in Pulheim (Tel.:
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